Bullshit ist nicht neu, aber der große Einfluss für unsere Zukunftschancen ist neu.
Es ist ein Wort, das es nur im Englischen gibt und selbst dort hat erst 2006 ein Professor der Philosophie (Princeton) die Notwendigkeit empfunden, die genaue Bedeutung zu analysieren (Frankfurt 2006) – philologisch und philosophisch.
In der Philosophie gab es davor den Irrtum und die Erkenntnis und in Politik und Gesellschaft die Wahrheit und die Lüge. Nun gibt es etwas Schwierigeres und Gefährlicheres, einen Humbug, den man nicht widerlegen kann und der in der Lage ist eine gezielte oder allgemeine Desorientierung zu schaffen, denn er ist schlimmer als die Lüge (Frankfurt, S. 69). Letztere kann man entlarven und für den Lügner hat es auch i. d. R. unangenehme Konsequenzen. Der Bullshitter aber kann sich wieder herausbullshitten und selbst wenn ihm keiner mehr glaubt, wird verziehen.
In diesem Sinne bin ich der Bildzeitung dankbar, dass sie es mit Lügen versucht hat, die dann auch entlarvt wurden. Bild war schon immer der Sensation verpflichtet und hat aus Mücken Elefanten gemacht, viele Menschen ruiniert, just for fun – bzw. Auflage. Also seit Ende des Krieges Fake News. Sie kann Präsidenten stürzen und Vorurteile zementieren, aber sie ist zu dumm für wirklich guten Bullshit. Reichelt versteht die Welt nicht mehr. Bild ist auch in gewisser Weise ein Dinosaurier des kalten Krieges. Die Entwicklung seit den 90ern ist die Aushöhlung des Rechtsstaates, um den Status Quo zu erhalten. Geredet wird über Ökologie, gefördert wird Kohle, Treibstoff, Autoindustrie, Flugverkehr und geschützt wird die Giftproduktion vor den Menschen. Vergiftete sind die neuen Aussätzigen. Dazu braucht man Bullshit.
Dadurch lebt die Autoindustrie von technischen Mängeln – immer neue schlechte Autos, die nur etwa besser sind, als die die schlechten Autos von vor zwei Jahren – und die höheren Manager von Fehlentscheidungen (Entschädigungen) und die Opfer von den Tafeln (abgelaufenen Lebensmitteln). Auf diese Weise schützt sich die Industrie vor den Konsequenzen der Umweltzerstörung, die sie verursacht. Auch hier wird wieder kassiert. Alle haben das mehr oder weniger verstanden, nur nicht diejenigen, die entscheiden. Früher hieß es ‘Kinder kooft Kämme, ‘s kommen lausige Zeiten’, heute heißt es ‘Kauft Autos für die Konjunktur’ bezahlt durch privat und Steuern. Das ist Basic-Bullshit. Der anspruchsvollere Bullshit ist das Unterlaufen der Gesetze und der Verfassung.
Für mein Arbeitsfeld – chronische Toxikologie an Arbeitsplatz und in der Umwelt – kann ich die Entwicklung seit den 80er Jahren feststellen, dass durch Bullshit erst die Wissenschafts-Rezeption, dann die Rechtsprechung und schließlich die Gehirne der Betroffenen zerstört hat. Die Orientierung wurde auf dem Niveau der Akuttoxikologie fest gefroren, so dass jeder die chronische Wirkschwelle für eine Bagatelle hält. Für jedes hat sie etwa jeweils ein Jahrzehnt benötigt: Zementierung der falschen Grenzwerte (1-Eliminierung der chronischen Toxikologie), Diskriminierung der toxischen Invaliden als Hysteriker (2 – Entrechtung, Entzug der Menschenwürde) und die Zerstörung der SHG durch Zerstörung des gesunden Menschenverstandes (3 – Einschüchtern und sanft desorientieren). Gerade das Letztere wurde im Laufe von knapp zwei Jahrzehnten gut eingeübt: der fürsorgliche Professor, der dann leider feststellen muss, dass der Patient, die Kriterien nicht erfüllt, die von der Versicherung stammt, was aber keiner ernsthaft insistierend zu vertreten wagt.
Genauso wird derzeit in den Klimafragen verfahren, nur massiver. Jeder rasch rutschende Gletscher wird sofort als “wachsend” propagiert. Echte Bullshitter sind solche Leute, wie Vahrenhold, der ein ganzes Buch über den Einfluss der Sonne geschrieben hat, Tenor: wir haben noch Zeit (bis die alten Kohlepötte abgeschrieben sind und noch Profit abwerfen können). Doch sein Prognose wurde prompt durch heiße Sommer widerlegt. Die These hielt kaum mehr als 12 Monate.
Nun ist es an Zeit ein paar Beispiele aufzuzeigen, die nicht funktioniert haben: da wäre etwa die Umwidmung der Müllverbrennung zu Energierecycling. Das war schon im Ansatz ein Rohrkrepierer. Da war der Versuch der chemischen Industrie auf WHO-Ebene aus MCS IEI (Idiopathische Umwelterkrankung) zu machen. Das ist im Gelächter untergegangen: Ideological Equivalant of Inkompetenz. Dann hat es aber lange gedauert und was Vahrenholt anbelangt, hat das Wetter nicht mitgespielt und nicht die gesellschaftliche Diskussion.
Bullshit hat die Gesellschaft tief geprägt: die Gewerkschaften verteidigen jeden Arbeitsplatz, der verlustig geht, und ignorieren alle Möglichkeiten, die die Energiewende und die Ökologie ganz allgemein bietet. Man stürmt notorisch alte Sackgassen. Die Erkenntnis, dass das plündern der Ressourcen, wirtschaftsfeindlich ist, weil es die Kosten exponentiell antreibt, wird durch Bullshit blockiert. Deshalb braucht ja die Autoindustrie alle Nas’ lang Umsatzhilfe aus dem Steuersäckel 8man überlege nur wieviel Diesel (I-VII??) wir schon hatten, ohne dass eine Hardware installiert wurde, die wirklich greift). Die Politik hat das immer mitgemacht, u. a. weil auch keiner klare Forderungen gestellt hat. Argumente reichen da nicht.
Dem Menschen blüht nicht zuallererst das Verhungern, sondern das Verblöden. Seit Mitte der 90er Jahre sinkt der IQ. Das ist auch nachvollziehbar angesichts der immensen Anzahl von Nervengiften in der Umwelt, die natürlich keiner diskutiert, weil keiner Über Mischintoxikationen diskutiert, obwohl dies immer der Grund bei chronischer Invalidität ist. Die Stoffe sind teilweise ubiquitär und Gutachter, die sich nur mit letzten Pestizidanwendung in Wohnraum oder Arbeitsstätte befasst, ist realitätsfern. das Gleiche gilt für Arbeitsstoffe. Unbedenklichkeit ergibt sich immer durch Weglassen. Gutachter tun sich leicht, wenn sie sich keine Gedanken machen. Jener Mix macht noch mehr: Schlechte Laune, Schwäche, Müdigkeit, Lustlosigkeit und notorische Gereiztheit. Wollt Ihr das? Darüber zu diskutieren bietet sich nun eine bessere Atmosphäre: die groben Übertreibungen zeigen das Profil des Problems deutlicher.
Wenn man den Menschen einreden kann, dass eine tödliche Infektionskrankheit von finsteren Mächten erfunden wurde, sodass sie sich wie den Straßen von Sao Paulo schlagen, um den Verkünder dieses Bullshits zu unterstützen, dann kann man ihnen auch jede andere Umweltverschmutzung schönreden bzw. als Panikmache denunzieren. Letzteres war schon immer das Bullshitargument: für Kernkraft, für Müllverbrennung, für Entsorgung im Meer etc. pp. Nun findet sich Mikroplastik in jeder Blutbahn, eine langsam greifende Bremse in jedem Hirn und eine permanente Reizung in jedem Immunsystem.
Das, was heute unabweisbar Tatsache ist, hat schon Rachel Carson 1962 – „Der stumme Frühling“ (Vogelsterben) – beschrieben. Wer heute das Buch in die Hand nimmt wird sicher bemerken, dass alle dort beschriebenen Pestizide heute nicht mehr in Gebrauch sind. Aber alle anderen Probleme gibt es noch: Persistenz, Akkumulation und Mischintoxikation und genau darauf kommt es an! Substanzen kann man austauschen. Die toxische Struktur ist nie im gesellschaftlichen Diskurs aufgetaucht, von der rechtlichen Bewertung ganz zu Schweigen. Wir wissen es also seit 1962 von der toxischen Struktur, aber verlangen bei jedem neuen Gift wieder den Vollbeweis, als wüssten wir nicht mehr als Paracelsus.
Wir diskutieren und verlangen Präzision und lassen das Wesentliche weg: das ist die hohe Kunst des Bullshittens. Dafür gibt es Spezialisten und die heißen wahlweise Experten oder Gutachter.
Die Endlichkeit der Ressourcen kennen wir als ökologisches Thema seit dem Club of Rome. Daran wäre die Kernkraft ohnehin gescheitert – Molybdän, Chrom -, aber wir haben nichts gelernt. Die E-Mobile werden am Lithium scheitern. Für die Hersteller ist es natürlich ein gefundenes Fressen. Da kann man einen Markt aufblähen und dann, wenn er zusammenfällt, gleich nochmal verdienen und immer beim Staat die Hand aufhalten. Ich werde nicht mehr erleben, dass die Zivilgesellschaft das versteht. Gute Strategen haben die Gewerkschaften mit Bullshit vollgestopft, sowie die Wissenschaftsgesellschaften, bis hin zu Sience-4-Future. Da fordert z. B. keiner die Schaffung der entsprechenden Arbeitsplätze.
Das wurde ab 2000 gut geübt. Bei Akademikern genügt wenig als Drohung. Bei Vereinigungen, die sich als Umweltschützer verstehen, wurden mehrere Testphasen durchlaufen. Aber die haben immer gekniffen. Nie haben sie den genehmigten Bullshitrahmen verlassen. Für die Gesundheit bedeutet dies, dass die Einzelstoff-Toxikologie für “Wissenschaftlichkeit” als gesetzt unantastbar bleibt und die Zeitabhängigkeit der Dosis nur in Ausnahmefällen gestreift wird. Damit ist sogar der Dosisbegriff torpediert. Für das Klima bedeutet dies, dass vor allem auf die Energiequelle geschaut wird. Schon die Frage der Energieeffizienz überhaupt einzuführen, war in der 80er und 90er Jahren ein mühseliges Geschäft. Aber achtet heute beim Kauf irgendeiner auf den Energieverbrauch? Das war mal ein Verkaufsargument! Das Bewusstsein in dieser Beziehung ist gesunken. Wärmedämmung ist ein muss. Dagegen wird massiv polemisiert. 1/4 der deutschen Dächer können Strom und Warmwasser liefern. Dagegen wird die griechische Mythologie ins Feld geführt: das sei eine Herkules-Aufgabe. Das sagt Hans Werner Sinn, der die Kernkraft reaktivieren will. Letzteres wird nicht klappen, aber dem Ökostrom ist wieder eine Blockade entgegengestellt.
Was sich derzeit zeigt, ist Blockade aller sinnvollen Diskursansätze auf Teufel komm raus. das haben die FFF-Aktivisten letztlich thematisiert. Die verstehen was von Energie im Gegensatz zu Lindner. Aber es braucht auch Kenntnisse in Bulshitting. In Sachen Energie bin ich mir sicher, dass die Bullshitter scheitern werden – ggf. nach Plünderung der Staatskasse-, in Sachen Gesundheit dagegen bin mir nicht sicher.