Chaos hilft der Irreführung – NOx und Feinstaub

Der vorstehende Artikel hatte eine prognostische Komponente. Allerdings hatte ich nicht gedacht, dass die Anti-Umweltschutzkampagne so rasch und so massiv einsetzen würde. Die Autoindustrie hält wohl die Zeit reif dafür, Wissenschaft insgesamt zu Müll zu verarbeiten. Nuhr ist der Clown, der nützliche Idiot. Wenn solch ungeschminkte Propaganda freudige Zustimmung hervorruft, kann man dazu übergehen, das Umweltrecht gründlicher zu schleifen. Jetzt kommt das, was in Sachen chronische Vergiftung und Versicherung schon seit Jahrzehnten gut eingeübte Praxis ist: die „Experten“ der Schlagzeilen.

Man hat 100 Lungenärzte zusammengebracht (es wurden wohl 3 000 angeschrieben), die fröhlich erklären, dass sie noch nie in Ihrer Praxis Patienten gesehen hätten, die COPD oder Krebs durch NOx oder Feinstaub entwickelt hätten. Natürlich nicht! Das kann man nicht sehen und weder die Lungenfunktionstests noch die Krebsanalytik kann die Ursache im Einzelfall benennen, nur die Wirkung. Für COPD und Krebs gibt es jeweils hunderte von Kandidaten plus deren Zusammenwirken. Wenn die 100 daraus ableiten, dass die Grenzwerte unsinnig seien, dann erklären sie damit, dass es keine Umweltgifte gibt – nicht mehr und nicht weniger. Gute Propaganda ist dadurch gekennzeichnet, einen Unfug zu behaupten, der nicht widerlegbar ist, weil er das eigentliche Problem links liegen lässt. So wird aus Wissenschaft Müll: frei erfundene Thesen, die als fundamentale „Wahrheit“ präsentiert wird (auf der website von Prof. Meuthen heißt es: es sei „alles aus der Luft gegriffen“. Er meint die Grenzwerte und offenbart so das Prinzip der Verleugnung).

Toxische Ursachen beim Menschen findet man nur in der Epidemiologie, also durch statistische Auffälligkeiten (seit 1775 der ersten Statistik über Krebs). Je höher die Umweltbelastung, desto aufwändiger wird die Statistik. Was alle belastet, kann nur durch kleine Unterschiede bei sehr vielen mathematisch herausgefiltert werden (Signifikanz). Das sollten Mediziner wissen; also haben sie wider besseres Wissen unterschrieben – oder vielleicht aus Ignoranz und Eitelkeit.

Ich habe mehrfach in Artikeln (klickt BK 4302 an) Beschwerde geführt, dass Lungenfachärzte den vorauseilenden Gehorsam gut verinnerlicht haben. Da wird HRB und COPD verwechselt oder eine vage Mutmaßung angehängt: es könnte auch eine andere Ursache haben. Dann kann die Versicherung den Antrag ablehnen.

Eine Generalausrede ist das Rauchen. Es macht beides: COPD und Krebs. Rauchen erhöht das Risiko, denn es verstärkt die toxische Wirkung. Die Raucher werden also immer eine statistische Spur hinterlassen. Wenn man aber die eine Ursache anerkennt und die andere als „unsinnig“ bezeichnet, hebt man den Umweltschutz und dessen Gesetze und Regeln auf. Das ist ein massiver Schaden am Rechtsstaat, indem man komplexe Verhältnisse durch einfache Ausreden ersetzt: Gesetz und Verfassung werden unterlaufen, wenn der Stand der Wissenschaft durch Unfug oder billige Trivialitäten ersetzt wird. Für „Unfug“ steht das Weglassen der Kombinationswirkungen und trivial steht für die Betonung der individuellen Belastung (Rauchen, Hobbie etc.).

Auf den Punkt gebracht: die Vermischung der Gifte wird weggelassen und durch die Vermischung der Themen ersetzt: dann kennt sich keiner mehr aus. Die Technik der Irreführung besteht großteils darin, möglichst viel Chaos zu erzeugen. Das geht am besten, wenn man Themen vermischt. Das wirkt bei Laien immer und leider auch bei Fachleuten, wenn diese nicht die Courage aufbringen, offensichtlichen Unfug auch als solchen anzugreifen.

Beispiel: NOx und Feinstaub. NOx ist ein chemisch-irritativer Stoff, d. h. er schädigt das Epithel der Bronchien, was das Immunsystem reizt, dessen Reaktion führen a la longues zu Asthmaanfällen (HRB). Gelangt es tiefer, werden auch die Lungenfunktionen dauerhaft geschädigt (COPD). Das führt zu Schwäche durch Minderung der Energieversorgung der Zellen (CFS, Schwäche ganz allgemein). Die Betroffenen werden meistens gemobbt („Stell Dich nicht so an“). Obiger Unfug führt so nebenbei zu Sanktionierung menschlicher Gemeinheit: es darf wieder über den Kranken gelacht werden.

Krebs wird von PAH (Polyaromaten) erzeugt. Die findet man im Russ. Dieselruß ist besonders potent (stärker als Holzofenruß oder Teer). Feinstaub ist also nicht gleich Feinstaub. Feinstaub ist dadurch definiert, dass er lungengängig ist. Nun kommt hinzu, dass die PAH nicht wasserlöslich sind, also akkumulieren. Der Feinstaub aus dem Verkehr ist gefährlicher als andere Feinstäube deshalb wurde sein Grenzwert gesenkt (FeinstaubVO). Dies alles nennen nun „100 Fachärzte“ – „unsinnig“.

Diese pauschle Ignoranz hat es nötig andere zu Spinnern zu erklären. Dann wird von Hysterie gesprochen. Das ist immer das Gleiche: Leute die die einzelnen Zusammenhänge nicht unterscheiden können, sprechen anderen, wie etwa der WHO die Rationalität ab. Das funktioniert seit ich als Gutachter tätig bin (seit 1982). Das ist das Umweltproblem: der Fisch stinkt vom Kopf.

Den Anteil am Krebsgeschehen einzelner Expositionen zu bestimmen ist extrem aufwändig und auch ohne großen Erkenntniswert. Darüber zu streiten ist keine Versachlichung der Diskussion, sondern das Ablenken von effektiver Schadstoffminderung durch Technik in unergiebige Sackgassen. Dagegen ist von großem Erkenntniswert, dass es effektive Techniken der Minderung gibt und zwar schon lange. Die sind weder teuer – jedenfalls nicht in Serie – noch sind Arbeitsplätz gefährdet. Ich habe die Blockade lange nicht verstanden. Wettbewerbsvorteil? Wenn es alle einbauen müssen? Gegenüber den USA hat unsere Industrie mit ihren Schummelmätzchen eher Nachteile. Dieser Bohei, hat nur das Ziel jegliche zielführende Umweltdiskussion zu unterbinden. Mittlerweile ist ein Ziel klar: die Autoindustrie nutzt ihre Abgase zur Umsatzsteigerung: der Verbraucher soll immer das „neueste“ Modell kaufen. Früher hat man das über gewollte Schwachstellen gemacht. Das hat aber nicht besonders gut funktioniert (etwa das ausrosten der Türgriffe bei VW). Mal sehen, was jetzt kommt.

Die Alternative für alle – d. h. für reichen Staaten  lautet: mehr Frühinvaliden oder bessere Abgastechnik und zwar nicht als immer dünnere Salamischeiben. Das bringt Arbeitsplätze – auch in der Autoindustrie. Entscheidend ist, ob die öffentliche Diskussion zur essentiellen Frage durchdringt. Es muss verstanden werden, dass wir eigentlich schon weiter weg von der Gesundheitsfrage sind: Letztlich geht es um eine Machtfrage: wer schreibt wem etwas vor. Man kann die Alternative auch anders ausdrücken: wird der  gesunde Menschenverstand wieder eingeführt oder geht die Verblödung a la Nuhr weiter. Akzeptieren wir Schlagzeile für Schlagzeile eine Diskussion darüber, was angeblich gar nicht existiert, nämlich die wissenschaftliche Begründetheit von Grenzwerten (der von NOx stand schon in der alten TA-Luft von 1966 und wurde kürzlich nur auf 50% reduziert). Ist diese Nation wirklich nicht in der Lage zu erkennen, dass Leute, die keine Zusammenhänge kennen, auch nichts zu sagen haben. Eine Hundertschaft eitler Ignoranten erklärt die Wissenschaft seit den 60er Jahren für unsinnig.

Das ist Beihilfe zur Körperverletzung.

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