Die Feldlerche verstummt – bekannt seit 1962

Ein ARD-Bericht zum EU-Bericht zur Natur trägt den Titel: “Wenn die Feldlerche nicht mehr singt”. Das stand auch in “Der stumme Frühling” von 1962. Die öffentliche Darstellung des von uns geschaffenen Zustandes der Welt hat also fast 60 Jahre gedauert um eine gewisse Anerkennung zu erlangen. Das heißt noch lange nicht, dass unsere Biologie geschützt werden wird. Die Wirtschaft hat absolute Priorität, wie Frau Klöckner erneut und vehement in Brüssel verficht, indem sie auf Freiwilligkeit pocht. Freiwillig hat noch kein Bio-Schutz stattgefunden, weil er Geld kostet, welches nicht angeboten wird. Der “Stumme Frühling” war einmal ein grünes Kultbuch. Es ging um Pestizide. Es wurde wahrscheinlich nicht allzu gründlich gelesen, jedenfalls – bis heute – nicht verstanden.

Im Buch findet man alle die Mechanismen, die sich später immer wieder bestätigt haben, nämlich Akkumulationen und Kombinationswirkungen, die à la longue viel stärker wirken, als die – groben – akut-toxikologischen Daten hergeben. Die Voraussage von 1962 bestätigt sich mit jeder Studie, seit fast zwei Jahrzehnten, und gleichzeitig läuft das “Ja-warum-nur-Gejammer” weiter im Kreis. Die Gifte der frühen 60er Jahren sind alle nicht mehr im Gebrauch. Das ist drastischer Beweis, dass es auf den Einzelnen Stoff nicht ankommt, sondern um das Zusammenwirken der Vielen, deren Gang durch die Umwelt und die Wirkweisen. Die Gifte wirken nicht spezifisch und sie wirken zusammen.

Die Juristerei besteht darauf, dass der Einzelnachweis geführt wird. Das zerstört die Welt, aber die Wissenschaft wird nicht bis vor die Gerichte getragen.  Das schützt die Hersteller, die immer darauf pochen, dass ihr Stoff für den Menschen nicht schädlich sei. Sie halten ihre Daten zurück und verlangen den Nachweis der Schädlichkeit von anderen. Der Ersatzstoff ist dann bereits verfügbar.

Das, was wir seit 1962 wissen, jedenfalls von den Grundmechanismen her, hat noch nicht bis in die gesellschaftlichen Wirkmechanismen gefunden. Es bleibt immer beim “Ja, aber”. So etwas, wie die Sache mit dem Glyphosat, dass ein Minister nur seine Zeit abgesessen hat, damit er bei der entscheidenden Abstimmung in der EU, die Genehmigung nochmal durchboxt, wäre gar nicht möglich, wenn die Einzelstoffdiskussion als nachrangig erkannt und vor allem anerkannt wäre.

Aus dem gleichen Grund ist es möglich, dass die Nachfolgerin, Pestizide genehmig, kurz nachdem sie ins Mikrophon gesprochen hat: “Wir müssen schauen, wie es der Biene geht.” Letzteres hat die heute-Show aufgespießt, aber es bleibt bei einer Minister-Kritik, die darauf abzielt zu unterstellen, Frau Klöckner bringe Bienensterben und Pestizide nicht in Zusammenhang. Aber die, die darüber lästern, sind auch nicht viel besser.

So dreht sich Abwärtsspirale weiter: große Studien, die so tun, als würden sie etwas Neues präsentieren und Gags auf Kosten von einzelnen Politikern, die nur etwas zu offensichtlich die Schnüre zeigen, an denen andere ziehen. Das wird so bleiben, wenn die Kritik es nicht schafft, offen zu legen, was geschieht, wie es zu erkennen ist und wie es verschleiert wird.

Auch ich bin die Studien leid, die keiner wirklich liest und die nur Resignation schaffen, weil sie immer die Abwärtsspirale bestätigen.  Aber die Headline der Tagesschaujournalistin hat zufällig den Bogen geschlagen. Der Bogen zeigt, dass es nicht  auf die Frage nach spezifischen Beiträgen der Einzelstoffe ankommt. Viele Stoffe sind neurotoxisch und alle zusammen vermindern den IQ, nachweislich seit den 90er Jahren. Viele Stoffe wirken als Insektizide und alle Zusammen reduzieren die Population und damit die Nahrung für Vögel.  Die Bienen – Frau Klöckner –  leiden nicht nur unter den Neonicotinoiden. Wenn erst etwas getan wird, wenn man spezifische Gründe für einen von Tausenden von Stoffen hat, geht es so weiter wie seit 1962 wurde nur dann gehandelt.

Die “es reicht nicht aus” – Rituale der Umweltschützer reichen aber auch nicht aus. Die Welt ist nicht zu retten, wenn man nichts weiter fordert als weitere Verbote neben den Nicotinoiden.  Man muss die Kombinationsmöglichkeiten auch deutlich machen. In den 80er Jahren wurden toxische Äquivalente definiert. Aber die Anwendung blieb auf die Dioxine beschränkt, auch die Summenbildung beim TVOC blieb auf die Lösemittel beschränkt. Immer wurden solche Ansätze zurückgedrängt, in der Hauptsache, weil die Gegenwehr der Umweltschützer nicht stattfand.

 

Dieser Beitrag wurde unter Abwärtsspirale, Weltrettung veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.