Entzauberung der Gutachter

Der Titel sollte einmal eine Art Leitfaden für die Serie sein, die sich mit Desinformation befasst. In etlichen Einzeldarstellungen wurden in den vergangenen Jahren typische Falschdarstellungen und Verdrehungen der Wissenschaft beschrieben, so wie sie in den Verfahren auftreten. Das zweite Kapitel im Blogbook „Deutungshoheit und Desinformation: Die Gutachter” fasst zusammen und wird durch den Vorspann nun meinerseits bewertet.

Eines bleibt noch: Es fehlt noch ein Gegengift gegen naive Hoffnung, mit der fast alle – eigentlich sind es ausnahmslos alle – zum Gutachter gehen. Sie sehen die Gutachter nicht als Prüfende, sondern als fürsorglich Zuwendende, als Fachleute, die ihnen endlich Recht geben und ihre Menschenwürde wiederherstellen und dann fallen sie aus allen Wolken, wenn sie als Psycho oder Simulant erst recht zur Ohnmacht verurteilt werden. Was die Gutachter treiben, nützt nur den Versicherungen und ist so intendiert. Die Definitionen der Umweltkrankheiten stammen aus den 80er Jahren und sie zu ignorieren, kann nur Absicht sein, denn so schusselig ist ein Professor erst weit nach der Emeritierung.

Zum Abschluss vier Gegengifte in starken Dosen:

(a) Ein Lackierer mit einer TE3 (Tox. Enzephalopathie, Schweregrad 3), d. h.mit beginnender Demenz (er hat unter anderem Stein und Bein geschworen, dass er noch nie in der Wohnung seines Sohnes gewesen sei) wurde wie folgt beurteilt: Der Gutachter konnte nur eine frühkindliche Rechenschwäche entdecken und die Kausalität ausschließen, weil jene typischen pränarkotischen Symptome fehlten. Kein Lackierer hat je pränarkotische Symptome, er soll ja nicht operiert werden – der Unterschied in der Dosis liegt über einem Fehlerfaktor von 10 000.

(b) Der Topscorer in Sachen Fehlkalkulation lag bei einer Million. Es gab aus einer Wohnung Wischproben nach einem Kammerjägereinsatz. Das Ergebnis hat der Gutachter lediglich mit der Grundfläche der Wohnung multipliziert und so eine unbedenkliche Belastung errechnet. Ihm ist nicht aufgefallen, dass damit auch das Ungeziefer überlebt hätte. Jedem ist wohl klar, dass eine Wohnung auch eine Decke, Wände, Türen, Heizkörper, Möbel mit Oberflächen aufweist; dem Fachmann muss aber klar sein, dass die ganz großen Oberflächen der Feinstaub und die Fasern darstellen. Jeder weiß auch, dass die Belastung nach Einbringung exponentiell abnimmt. Doch diese Fehler in der Dosisabschätzung genügten dem Gutachter noch nicht – er setzt noch einen drauf: Der Grenzwert sei so eingerichtet, dass auch das hundertfache noch ohne Wirkung sei – also: Mensch = Ratte und als Maßstab das widerstandsfähigste Individuum.

(c) Es ging nur um den Schweregrad der Behinderung. Der Gerichtsgutachter hatte erkennbar weniger als 20% der Akten gelesen und hatte auch keine Ahnung von der Krankheit (Hashimoto). Er glaubte, es sei eine Umweltkrankheit und meinte, diese wiederum in die Psychoecke schieben zu können und schließlich auch noch anzudeuten, dass Simulation oder Aggravation vorliege. So etwas ist einem Gericht schwer auszureden. Erst, als eine Amtsärztin der Patientin bescheinigte, dass sie nicht einmal zum Gutachter gefahren werden kann, ließ sich der Beton aus Dummheit knacken. Der Gutachter hat alles, was er hat falsch machen können, falsch gemacht. Beim GdB geht es gar nicht um die Ätiologie (Ursache) und Hashimoto/Basedow hat nichts mit Umwelt zu tun und die Symptome von Hashimoto waren genau die, die die Patientin beklagt hatte. Es gibt ganz einfach Gutachter, die auch Halbtote gesundschreiben.

(d) Ein Lackierer mit einer TE2 (a oder b konnte noch nicht festgelegt werden). Der Gutachter, Neurologe, wusste absolut nichts über die Wirkung von Lösemitteln. Er wusste weder, dass die Tätigkeit ein signifikantes Berufsrisiko darstellt, noch, welche neurologischen Defizite dadurch zu erwarten sind. Er erklärte, es sei nicht klar, was der Kläger überhaupt habe. Er erklärte auch, dass er, als Neurologe, über die organischen Wirkungen von Lösemitteln nichts sagen könne. Die testpsychologisch nachgewiesenen Defizite hätten keine organischen Ursachen, jedenfalls lägen dafür keine Beweise vor. Nun, die Beweise dafür wurden epidemiologisch geführt (andere Beweisführungen wie PET sind dagegen noch nicht anerkannt). Wer heute nach solchen Beweisführungen fragt oder gar solche als „schwierig” bezeichnet, hat einen Kenntnisstand von vor der Durchführung der wichtigsten epidemiologichen Studien, d. h. einen Kenntnisstand von Mitte der 70er Jahre.

Die vier Beispiele sind die Gipfel des kapitalen Eisbergs, der so viele Schicksale versenkt. Gemeinsames Charakteristikum ist etwa, dass die Gutachter durchweg die gültigen Diagnosekriterien ignorieren. Auch Umweltmediziner oder solche, die sich dafür halten, vertreten die Meinung, dass die Beurteilung eine individuelle Differenzialdiagnose erfordert und jeder diese durchführen kann, wie er mag. Alle haben die Entwicklung in den 80er Jahren verschlafen und weigern sich dazuzulernen. Auch Anwälte lassen sich nasführen, indem sie etwa vor der Psychothese kapitulieren (besonders unsinnig bei Frührente, bei der die Kausalität gar keine Rolle spielt).

Letztlich bleibt den Klägern nichts anderes übrig, als sich schlau zu machen, worauf es rechtlich, medizinisch und toxikologisch letztlich ankommt. Die Regeln sind nicht schwierig. Das Problem ist eher, dass unzulässige Vermischungen und Verwechslungen sehr geschickt in immer wieder neuen Varianten präsentiert werden, um zu verwirren.

 

Dieser Beitrag wurde unter Bullshitting - Wissenschaftsvernichtung, Prozessstrategien, Rechtsstaat veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

3 Antworten auf Entzauberung der Gutachter

  1. Karl sagt:

    Mal wieder die unbequeme Wahrheit publiziert!:-)

    Ich verstehe nicht wie es 2013 sein kann, im 3. Jahrtausend, das man die Giftopfer immer noch foltert*? Warum sind Gutachter, Anwälte und Richter am Werk, die anscheinend keine Ahnung haben und/oder absichtlicht die Giftopfer foltern* und denen die sich nicht mehr wehren können, mit den Schuhen ins Gesicht treten?

    Sind das alles Sadisten? Gehören die denn nicht in die Psychiatrie? Meiner Meinung nach sollte man so Leute ganz schnell aus dem Verkehr ziehen.

    Und der Staat guckt zu! Da muß ich mir ernsthaft die Frage stellen, ob ich in so einem Land überhaupt noch leben will.

    *folter: Wie soll man so was sonst nennen?

  2. Nidi sagt:

    …ließe sich der Beton aus Dummheit knacken…
    Endlich redet mal einer normal darüber was uns passiert. Ich werde immer angeschrien wenn ich solche Leute dumm nenne, leider sind aber gute 95% aller Leute dumm und ich kann da gar nichts für. 95% beteiligen sich an einer Industrie, die ein paar wenige an der Spitze reich macht und den Rest samt Planeten vergiftet. Als wäre das nicht genug, wird noch jeder beschimpft der eine MCS Diagnose erhält und keinen Bock hat, sich von den ganzen Affen weiter vergiften zu lassen und ausspricht was los ist. Diese Welt strotzt vor Dummheit. Mir wird immer vorgeworfen, ich beleidige Verursacher, komisch, ich dachte wer mir mein Leben nimmt, darf auch Verursacher genannt werden. Ich habe noch nie die großen Chemikalien angebetet, wie Parfümkonsumenten.

  3. Yvonnepink sagt:

    Ich nenn sowas einfach nur Korruptheit und Prozeßbetrug was noch dazu unterstützt wird, hier zählt nur der Euro !
    Herr Dr.Merz ich liebe Ihre Ehrlichkeit danke Sie sprechen mir aus dem Herzen.Mein erster Rentenberater legte sein Mandat nieder weil ich mir erlaubt hab dem Gericht zum besseren Verständnis eine Stellungnahme zu senden, mein Rentenberater begründete die Niederlegung damit – ich sei Beratungsressistent. Nun nachdem ich weis ich leide an CFS teilte ich ihm das mit denn ich war immer der Meinung er hat nicht genug gekämpft für mich, Sie sollten den Schriftverkehr sehen ich war entsetzt was dieser Mann mir geschrieben hat……
    Hier mal einige Ausschnitte
    CFS ist keine chronische Erwerbsminderung, sondern eine Erkrankung, die sich therapieren läßt. Sie haben doch durch die Klageabweisung bereits erlebt, dass Ihr Zustand für die Gewährung einer Rente nicht ausreicht !
    Schauen Sie doch mal bei Wikipedia nach !
    CFS ist auch keine chronische Erkrankung, sondern eine Zusammenballung einzelner Symptome. Darauf gibt es noch nicht mal eine Schwerbehinderung. Versuchen Sie doch bitte das einzusehen und die Erktankung mit den üblichen Mitteln anzugehen. Falls es wirklich CFS ist, müssen Sie dringend in neurologische, psychiatriche Behandlung. Bestätigt der N/P-Arzt die Diagnose müssen Sie einen REHA-Antrag bei der DRV stellen. Dieser Antrag gilt auch automatisch als Rentenantrag, falls die REHA nicht erfolgreich ist, oder abgelehnt wird, weil es eben nur eine Erkrankung ist. Was es tatsächlich ist, sehen Sie dann an den Gutachten der Ärzte und dem REHA-Entlassungsbericht.

    Sie machen immer noch den gleichen Denkfehler: Es zählt nicht die Diagnose, sondern die Schwere der Erkrankung und diese Schwere muß von einem Gutachter und nicht von einem Arzt bestätigt werden.

    Glauben Sie mir: Würde eine ärztliche Diagnose ausreichen, würde ich nicht mehr arbeiten, sondern wäre längst auf Rente. Ich habe genug Ärzte, die mir alles bestätigen. Oder halten Sie mich wirklich für so blöde, dass ich freiwillig arbeiten würde, wenn ich mit eine entsptrechenden Diagnos auf Rente könnte ?

    Sie schreiben immer nur von Krankheiten, aber welche Tatsachen vermindern denn Ihre Fähigkeiten Geld zu verdienen. Die Rente heißt Erwerbsminderungsrente und nicht Krankheitsrente.

    oder
    Sie wollen es wohl nicht begreifen, es geht nicht um die Krankheit sondern um die Erwerbsminderung. Hoffentlich fühlen Sie sich wohler, wenn Sie das immer wieder leugnen.

    Sie denken ja noch nicht mal nach, sind völlig auf das Falsche fixiert, auch mit der richtigen Diagnose sind sie nicht erwerbsgenindert, weil Sie noch ein Leistungsvermögen haben!!!!!!!!!!!!!!!!!!

    und dies antwortete er mir auf das Anschreiben:
    noch einmal wollt ich mich an Sie wenden, sie legten damals Ihr Mandat für mich nieder und beendeten die Zusammenarbeit mit uns zwecks meiner Frührente wegen Beratungsressistenz. Im vorigen Jahr fand ich selbst heraus an was ich nun wirklich leide, nach Laboruntrsuchungen in der Charite Berlin wurde mir zuerst die Verdachtsdiagnose gestellt ich leide an CFS (Chronische Erschöpfung) und mein jetziger Hausarzt hat die Diagnose CFS bestätigt.
    Auch Ihre Mandatsniederlage hat dazu geführt das mir dies zum Nachteil ausgelegt wurde und ich im Jahr 2013 das Urteil der Klageabweisung bekam.

    Ich hab bewußt die Anreden und Absender weggelassen nicht das er mich anzeigt, aber das war wie ein Faustschlag ins Gesicht

Schreibe einen Kommentar zu Karl Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert