Rentenverfahren – kreative Weiterentwicklung der Psychothese

Als die Psychothese 1995 erfunden wurde, zielte sie zunächst nur auf Verfahren, in denen die toxikologische Kausalität rechtlich eine Rolle spielt: Berufskrankheiten, Schadensersatz, Körperverletzung, etc. Dennoch spielte sie auch in Rentenverfahren ihr Unwesen und zwar per Themenwechsel. Die Kläger wurden abgewiesen, weil sie sich auf das falsche Thema eingelassen haben. Nun hat die Rentenversicherung die Psychothese kreativ weiterentwickelt.

Zuerst wird aus dem chronisch Erkrankten ein Psycho gemacht, wie gehabt. Bei der Rente geht es aber nur darum, ob der Antragsteller chronisch krank ist und wie schwer. Seit einiger Zeit wird dann ergänzt: mangelnde Einsicht und mangelnder Wille würden einer, für die Rente ausreichenden Erwerbsminderung entgegenstehen.

Die Psychothese war bis dahin in Rentenverfahren nur Ablenkung, die meist deshalb funktioniert hat, weil die dadurch beleidigten Kläger in ihrer Empörung dem falschen Thema gefolgt sind. Nun macht man eine neue Gleichung, nämlich Psycho = Simulant. Das alles nutzt Vorurteile und hält keiner Prüfung Stand:

  • Für Simulation und Aggravation gibt es Tests, die nur selten wirklich durchgeführt werden, aber die man verlangen kann und muss.
  • Eine chronische Psychose, posttraumatische Störung oder ähnliches bedeutet Rente.
  • Schließlich wird jeder, der ein Frührentnertum anstrebt, eine andere Krankheit als ausgerechnet eine der MSE-Erkrankungen vorschieben.

Bei solchem Vorgehen entstehen diese „Monsterakten”. Denn nur, wenn Sachbefunde mit anderen Befunden – also willkürlichen und falschen Behauptungen – konfrontiert werden, entsteht eine beliebig lange Kette von Gutachterdiskussionen.  Ginge es um Sachaufklärung, ließe sich die Sache schneller klären. Wenn, wie in diesem Fall, ein MdE 0 einem MdE 100 gegenübersteht, muss sich einer als richtig erweisen lassen. Wenn aber so alle den Überblick verloren haben, verliert die Klägerseite. Der Kläger verliert demzufolge so oder so, allein durch Insistieren auf abwegige Behauptungen.

Was sich in solchen Rentenverfahren abspielt, ist ein systematisches Vorenthalten der Rechte gegenüber schwer erkrankten Menschen: Sie werden samt ihrer Ärzte und Anwälte eingeschüchtert, auf Glatteis geführt und entrechtet.

Dem kann man allerdings begegnen. Zunächst durch eine Übersicht und deren Auswertung. Damit kann man den Verwirrungseffekt der Monsterakte in ihr Gegenteil verkehren und die große Informationsmenge sachgerecht nutzen.

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