Übersicht – Buchprojekt

Ich kann beweisen, dass der wissenschaftliche Erkenntnisstand professionell verfälscht wird, aber niemand will das so recht glauben, deshalb ein Buch (Stand: > 160 Seiten -A4-Manuskript). Hier schon einmal die

Einleitung

In einer Informationsgesellschaft wird Bedeutung und Deutung immer wichtiger, da es kaum noch selbsterklärende „Tatsachen“ gibt. In der Wissenschaft gab es die noch nie. Um welche Frage es auch immer geht, immer sind es Modelle, die auf verschiedenen Annahmen beruhen und die dann zu einer Aussage führen. Die Klimakatastrophe war lange Zeit Modellrechnung. Erst, als die Gletscher schmolzen und Hurrikans heftige Kosten verursachten, wird sie als Realität empfunden. Und natürlich kommt sofort die Gegenthese: Klimawandel ja, aber CO2 ist nicht die Ursache.

Besonders weit ist die Schere von Theorie und Praxis bei Umweltkranken. Es gibt Millionen chronisch Kranker, deren Krankheitsbild definiert ist und deren verursachende Hauptkomponenten bekannt sind, aber die Opfer gelten als Spinner und es werden ihnen ihre verfassungsmäßigen Rechte vorenthalten.

Wie das sein kann, davon soll hier die Rede sein. Für diesen Prozess ist der Verfasser Zeitzeuge und zwar in der Funktion des Gutachters. Seit den 80er Jahren wurde die Rücknahme eines bereits erarbeiteten Standes gesicherten Wissens systematisch durchgesetzt, erst in den rechtlichen Vorschriften – und wie die einleitenden Beispiele zeigen – bis hinein in das allgemeine öffentliche Bewusstsein.

Wenn eine Situation unglaublich ist, ist es oft äußerst schwer, diese glaubhaft darzustellen. Die rationale Analyse ist nicht schwer, aber keiner glaubt das Ergebnis. Gegen Vorurteile fällt die rationale Analyse immer hinten herunter. Die Vernunft bekommt ihre Chance erst nach großen Anstrengungen.

Artikel über Umweltkrankheiten und Berichte über chronisch Vergiftete hatten anfangs den Touch von Pranger: Da wollen sich welche wichtig machen. Die Ärztezeitung erfand 1995 den „Ökochonder“. Das war klug gewählt, denn vielen ging die Moralpaukerei der „Ökos“ langsam auf die Nerven. Andererseits hat die Ökoscene bis heute nicht akzeptiert, dass auch die Spezies Mensch gefährdet ist, zwar nicht in Sachen Mortalität, aber in Sachen Morbidität. Nach über zehn Jahren hat sich die Perspektive etwas gewandelt. Die Menschen mit den vielen komischen Symptomen werden als Exoten betrachtet. Kerner hat das in seiner Show so ausgedrückt: Es gibt zwar viele solcher Kranker, aber die Krankheit gibt es nicht – so jedenfalls das Rechercheergebnis. Der, in der gleichen Sendung befragte Experte hat vieles gesagt, aber nicht das Entscheidende, nämlich dass die Krankheit des Showgastes „MCS“, jene drastische Empfindlichkeit gegenüber Chemikalien, die andere vertragen und die auch der Erkrankte früher vertragen hat, bereits 1987 definiert wurde und auch auf WHO-Ebene anerkannt ist. Das hat er sich nicht getraut und das hat zumindest in Deutschland noch keiner verstanden: Die wissenschaftlichen Ergebnisse der 70er und 80er Jahre haben es erlaubt die Krankheiten zu definieren, die als Folge dauerhaft hoher chronischer Belastung mit Toxinen entstehen. Ja, in den 80er Jahren war auch die chemische Analytik soweit, dass wir erkennen konnten, dass die Formel „normal = gesund” nicht mehr gilt. Das Umweltgutachten von 1987 nennt mehrere Substanzen, bei denen die Belastungsgrenze erreicht ist: Dioxin, PCB, „einige Pestizide“, Cadmium, Blei und Nitrat im Trinkwasser:

Normal ≠ gesund

Die neue Formel ist also wissenschaftlicher Fakt und auch vom höchsten deutschen Gremium anerkannt. Da wäre ja auch zu erwarten, dass Leute krank werden, was ja auch geschieht, aber diesen Leuten wird nicht geholfen, im Gegenteil es wird alles getan, ihnen ihr Recht vorzuenthalten.

Die deutsche Medizin hat die Entwicklung völlig verschlafen. 99,9% aller deutschen Mediziner wissen nicht, wie eine chronische Vergiftung aussieht und auch nicht, dass das große Blutbild nicht weiterhilft. Die wenigen engagierten Umweltmediziner mühen sich mit neuen Laborparametern ab, aber wissen nicht, dass Krankheiten wie MCS, CFS, TE etc.[1] längst definiert und genügend wissenschaftlich erforscht sind. Sie wissen zwar medizinisch weiter, aber sind nicht fähig, den einen Satz auszusprechen, der den vielen Kranken aus dem gesellschaftlichen Abseits heraushelfen könnte.

Unsere Umweltmedizin ist eine Art Quereinsteiger, der zwar die aktuelle Diskussion kennt und da auch mitreden kann, aber die Grundlagen nicht kennt.

Wie gesagt, Vernunft ist ein mühsames Geschäft. Für mich begann sich die Notwendigkeit solcher Mühe abzuzeichnen, als sich herausstellte, dass es leichter war ein fehlerhaftes offizielles Dokument zu korrigieren oder inkompetente Stellungnahmen von offizieller Seite, als jenen zu helfen, die davon betroffen waren.

Eine TV-Journalistin hat mich direkt gefragt, woher es kommt, dass sich Eltern vergifteter Kinder so leicht einschüchtern lassen. Da werden Messwerte unter Verschluss gehalten und es geht über bitten nicht hinaus. Da wird behauptet, man müsse nur lüften, und es kommt dazu, dass gefragt wird, ob die Kinder den Anorak anbehalten dürfen, da das Lüften zu großer Kälte im Klassenzimmer führte. Entweder den Kindern wurde komisch oder sie froren, aber mit Schadstoffen hatte das natürlich nichts zu tun. Es wurde folgende Lesart durchgesetzt, das Unwohlsein läge an zu schlechter Lüftung. Konsequenterweise fand Unterricht bei 15°C und darunter statt – Fenster auf und Fußbodenheizung herunter stellen (darüber lag die gasende Kleberschicht). Das war mehrheitsfähig. Jedenfalls haben das die Verantwortlichen, die Presse und die Parteien alle so gesehen. Keiner hat sie geprügelt. In den 80er Jahren wurden noch PCB-verseuchte Gebäude abgerissen. Heute bleiben die VOC-verseuchten Gebäude erhalten, Kritik wird niedergemacht und die Opfer eingeschüchtert. Dabei wird die Grenze von fahrlässiger zu vorsätzlicher Köperverletzung überschritten.

Ich habe einer engagierten Mutter geraten, einfach eine Liste der erkrankten Kinder, gegebenenfalls in anonymisierter Form zu erstellen. Rechtlich ist dies zwingend: Handlungsbedarf. Es ist dann völlig gleichgültig, ob Richtwerte überschritten sind oder nicht. Sie wollte das nicht und keiner der anderen betroffenen Eltern wollte dieses Mittel einsetzen. Ich glaubte lange, sie hätten das juristische Argument nicht verstanden. Es war und ist viel schlimmer. Es wurde erfolgreich mit schlechten Noten gewunken. Also besser heute noch keine Fünf, wenn auch der Hirnschaden fürs restliche Leben etwas höher ausfällt. Keiner stellt sich dem Thema, dass in einer konzentrationsstörenden und mental behindernden Atmosphäre für Lehrer und Schüler kein gutes Unterrichtsergebnis zu erwarten ist.

In den Jahren seit 2000 konnte manchmal ein Bodenbelagaustausch erreicht werden, keinesfalls aber eine Anerkennung oder Entschädigung von Körperschäden. Erkennbares Ziel war und ist es bis heute, die Beurteilungskriterien für Schadstoffe beim alten Niveau zu belassen, so als sei normal=gesund noch gültig. Bis in die 90er Jahre hinein wurden etwa stark PCB-belastete Schulen abgerissen. Die erkrankten Lehrer aber werden bis heute nicht als vergiftet anerkannt[2]. Wo ist da die Logik? Sie schützt die Verursacher und die Versicherungen vor Rechtsansprüchen der Geschädigten. Darum geht es – logisch!

Dennoch: Kann man den Leuten den gesunden Menschverstand verbieten? Ja, man kann und zwar sogar für längere Zeit. Das kann ich bezeugen.

Es fragt sich also wie das geht und zwar in einer Informationsgesellschaft, einem Rechtsstaat und einer Demokratie. Nun: Alle Parteien tragen das derzeit mit und es funktioniert in Exekutive, Legislative und Juristikative gleichermaßen. Alle werden von gleichen Gutachtern beraten.

Man kann dann die Anleitung zur Fehlbeurteilung auch festlegen: Das hat die Berufsgenossenschaft in Sachen toxische Enzephalopathie durch Lösemittel gleich zweimal gemacht. Der Berufskrankheitenreport 3/99 behauptete wahrheitswidrig, die Krankheit würde ausheilen. Das konnte nur angegriffen werden, weil an entscheidender Stelle falsch zitiert worden war. Das Merkblatt wurde geändert.

Nun – seit 2005 – stehen die Chancen auf eine Anerkennung besser. Aber keiner nutzt das. Im Merkblatt stehen nun die wissenschaftlich gesicherten Diagnosekriterien für die TE. Aber kein Neurologe kennt sie, keiner wendet sie an und kein Gutachten ist wissenschaftlich haltbar. Niemand rügt das. Denn kein Gericht hält es für möglich, dass die Gutachten mehr oder weniger frei erfunden sind.

Kann man wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse, die man nachlesen kann, vernichten? Ganz offensichtlich ist dies möglich, hocheffektiv und ganz geräuschlos, gegen alles Recht. Das ist die Praxis.

Das war ein langsamer Prozess. Seit dem Ende der 80er Jahre wird zurückgerudert. Da wird da ein Grenzwert aufgeweicht und dort eine schwere Erkrankung – etwa als „Befindlichkeitsstörung“ verharmlost – der Unterschied zwischen akuter und chronischer Wirkschwelle verwischt, schon geht die Orientierung verloren, die Debatte zelebriert jeden Nebenkriegsschauplatz, tja nach heftiger Debatte über mehrere Dinge, die nicht stimmen, kommt dann auch der gesunde Menschenverstand abhanden.

Das Ganze ist oft sehr laut, macht Kopfweh und verleidet den Menschen das Nachdenken. Das sichere Urteil wird ersetzt durch Autoritäten. Fragt man immer den gleichen Gutachter, dann wird der zur Autorität. Irgendwann kann der sich es gefahrlos leisten, Beurteilungen frei zu erfinden, wenn denn sein muss.

Zur Nachvollziehbarkeit wird im ersten Kapitel jenes Zurückrudern bis hin zum Schleifen der Erkenntnishöhen dargestellt.

Im zweiten Kapitel wird dargestellt, was im Wesentlichen vernichtet wurde: Die Diagnosen der Erkrankungen, deren Verlauf, die wichtigsten Ursachen, die Anforderungen an die Toxikologie und die Anfänge der Therapie.

Schließlich muss gezeigt werden, woher die Effektivität der Desinformation kommt. Effektiv ist eine Falschdarstellung, wenn sie wenig Kontakt zur Realität hat. Eine Lücke in der Wahrheit – also eine Lüge – kann man identifizieren und die Korrektur durchsetzen (s. Kap I). Durch Vorurteile und das Zurückführen auf Altbekanntes, also Überholtes, kann man sehr erfolgreich Erkenntnisfortschritte eines ganzen Jahrzehntes so vernichten, dass alle glauben, das müsse erst noch erforscht werden. Mit „alle“ sind auch die engagierten Umweltschützer und die Betroffenenorganisationen gemeint.

In Gutachten spielt der Stand der Wissenschaft eine wichtige Rolle. Das ist ein Rechtsbegriff, der von naturwissenschaftlichen Gutachtern meist falsch verstanden wird. So kann man viel verwechseln. Das erleichtert die Sache (s. Kap III).

Der emeritierte Philosophieprofessor Frankfurt, Princeton, hat sich mit solchen geistigen Vernichtungsprozessen genauestens auseinandergesetzt. Hier nur so viel: Wittgenstein war der Erste, der überhaupt gefragt hat, welche Rolle ‚Unfug’ in der Erkenntnistheorie spielen kann. Nun, in den Gutachten spielt er eine große Rolle. Die Frage muss also beantwortet werden, wie er da hineinkommt und warum das keiner merkt.

 


[1] MCS=multiple Chemikaliensesitivität, CFS=chronische Fatiqusyndrom, TE=toxischer Enzepahlopathie, TPNP=toxische Polyneuropathie, FM=Fibromyalgie sind die Häufigsten

[2] Mit Datum vom 8. Dezember 2006 wurde bei einem die Erkranke als Dienstunfall anerkannt. Die Urteilsbegründung lässt sich aber auf keinen zweiten Fall anwenden.

 

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3 Antworten auf Übersicht – Buchprojekt

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